Die Sigwardskirche in Idensen ist ein Kulturdenkmal von besonderem Rang. Ihre 1858 entdeckten Wand- und Gewölbemalereien aus dem frühen 12. Jahrhundert sind für Norddeutschland einmalig.
Auf den ersten Blick ist es eine der vielen romantischen Dorfkirchen. Ihre wuchtigen Steinquader glänzen in der Sonne, das rote Ziegeldach bildet an diesem Frühlingstag einen scharfen Kontrast zum blauen Himmel. Alte Grabsteine stehen vereinzelt auf der großen Rasenfläche, aus den umstehenden Bäumen schmettert der Gesang der Vögel. Die Sigwardskirche ist ein echtes Idyll. Aber ihr eigentlicher Schatz ist im Inneren verborgen: Auf den Wänden und in den Gewölben des Gotteshauses sind große Teile der vor 900 Jahren gemalten biblischen Bildmotive gut erhalten. Experten zählen die kleine Kirche und ihre Fresken zu den großen kulturellen Kostbarkeiten in Nordeuropa.
Idensen ist ein kleines Dorf in der Nähe des Steinhuder Meeres, das heute zur Stadt Wunstorf gehört. Hier irgendwo wuchs ein wohlhabender sächsischer Adliger auf – Sigward, der später Bischof von Minden wurde. Um 1130 ließ er die Kirche bauen und mit den prächtigen Fresken ausmalen. Sein Wunsch war es, später einmal in Idensen begraben zu werden. Oft zog er sich an den Ort seiner letzten Ruhestätte zurück, die knapp 50 Kilometer von Minden legte er zu Fuß zurück.
Erst Ende des 19. Jahrhunderts wurden die Malereien in der Idenser Sigwardskirche entdeckt: Seit dem 15. Jahrhundert waren sie durch mehrere Kalkanstriche überdeckt. Vor rund 70 Jahren wurden sie dann vollständig freigelegt. Die Motive im Langhaus zeigen drei Szenen des Alten Testaments, die jeweils einer des Neuen Testaments gegenübergestellt sind. Das erste Paar stellt die Taufe und die Arche Noah dar. In beiden Szenen hat das Wasser eine vernichtende und eine reinigende Kraft. Das zweite Paar stellt den Turmbau zu Babel der Ausgießung des Heiligen Geistes zu Pfingsten gegenüber. Vom dritten Paar ist nur noch die Szene vom jüngsten Gericht erkennbar. Auf alttestamentlicher Seite ist dem wahrscheinlich die Geschichte von Sodom und Gomorrha gegenübergestellt. Alle drei Paare sind auf die Darstellung Gottes als Herscher der Welt in der Apsis hin orientiert und werden von ihr zusammengehalten.
Mehrere Konservierungsmaßnahmen waren in den vergangenen Jahrzehnten nötig, um die Gemälde zu erhalten. Heute wird die Kirche klimatisiert, um Schwankungen der Luftfeuchtigkeit in engen Grenzen zu halten. Damit sollen die in der Malschicht enthaltenen Salze stabilisiert werden.
Ein Pilgerweg führt über 170 Kilometer von Minden nach Idensen durch das Schaumburger Land. Stationen sind unter anderem Bückeburg, Obernkirchen und Loccum.