Enkelin Clara brachte es auf den Punkt: „Oma,das ist doch ein bisschen verrückt!“ Hiltrud Koch hat trotzdem ihre Idee verwirklicht und ist nach Rom gelaufen. Von Hannover bis auf den Petersplatz. 2018 Kilometer in 92 Tagen. Am Ziel hat sie sich reich und frei gefühlt.
Ja, für ein bisschen verrückt gehalten haben sie alle. Nach Rom wandern? Muss das sein in dem Alter? Warum soll man sich eine solche Strapaze antun? Reicht nicht ein Spaziergang? Hiltrud Koch hat sich von solchen Fragen nicht beirren lassen. Ein paar Tage nach ihrer Verabschiedung in den Ruhestand ist sie einfach losmarschiert – mit viereinhalb Kilo Gepäck auf dem Rücken.
Wer sich auf eine solche Tour begibt, wird natürlich nach den Gründen gefragt. „Ich habe einen Traum verwirklicht“, sagt Hiltrud Koch. Rom hat sie schon als junges Mädchen fasziniert. „Die Antike, das Christentum, das moderne Rom haben mein Denken geprägt.“ Und vor allem eins sollte ihre Wanderung sein: Ein bewusster Schnitt zwischen dem anstrengenden Berufsalltag als Schulleiterin und dem Rentnerleben. „Natürlich gibt es hundert Ausreden, warum man einen solchen Plan besser nicht in die Tat umsetzt. Das geht vielen so. Aber ich bin einfach losmarschiert“, sagt Hiltrud Koch.
Gefährlich könnte es werden für eine Frau, die allein unterwegs ist, war sie immer wieder gewarnt worden. „Aber ich habe mich jeden Tag beschützt und sicher gefühlt“, blickt die gebürtige Eichsfelderin zurück. Hilfsbereitschaft, Interesse, Ermutigung, Ansporn – das erlebte sie unterwegs fast täglich auf ihrem Weg, der zunächst noch durch bekannte Landschaften führte. Der Europäische Fernwanderweg E 1 brachte Hiltrud Koch bis nach Konstanz an den Bodensee, der E 5 über die Alpen Richtung Verona. Schließlich folgte sie dem „Götterweg“ über Florenz nach Siena und zuletzt der historischen „Via Francigena“. „Mich hat fasziniert, wer vor mir diesen Weg gegangen ist: Mönche und Pilger, Kaiser, Künstler, Handwerker und Vagabunden.“
Ein paar Etappen wurde sie von Freunden begleitet. Aber die meiste Zeit war Hiltrud Koch allein unterwegs. „Wanderer habe ich nur im Schwarzwald und bei Meran getroffen. Ich hatte viel Zeit für mich – zum Nachdenken und Singen.“ Nein, sagt sie, religiöser sei sie auf ihrer Wanderung nicht geworden. „Aber ich habe neues Gottvertrauen intensiv erlebt.“