Ein mittelalterlicher Kriminalfall aus dem geistlichen Milieu – so etwa kann man beschreiben, was sich 1512 in Goslar ereignet. Hintergrund: Der örtliche Pfarrer ist gestorben, seine Nachfolge muss geregelt werden. Da schrecken die Kandidaten auch vor Waffengewalt nicht zurück.
Um was ging es bei dieser historischen Auseinandersetzung? Nach dem Tod von Jodocus Knyp, Geistlicher an St. Jakob, will die Gemeinde Johannes Harth im Amt sehen. „Geht nicht“, sagt der bischöfliche Justizbeamte und bringt einen gewissen Johannes Hille als Pfarrer ins Spiel. Dabei kann er nicht nur auf damals bestehende lokale Gesetze bauen. Um seiner Forderung Nachdruck zu verleihen, setzt er auf drastische Maßnahmen und exkommuniziert den Kandidaten der Gemeinde, verbannt ihn also aus der Kirche.
Die Situation ist so schon kompliziert genug. Und sie wird nicht einfacher, als ein dritter Johannes, diesmal mit dem Nachnamen Heynemann, auf die Bühne tritt. Er will ebenfalls Pfarrer von St. Jakob werden. Der Bischof persönlich habe ihn dazu ernannt, sagt er und verleiht seinem Anspruch einen gewissen Nachdruck, indem er sich mit bewaffneten Männern in der Kirche verschanzt.
Inzwischen ist Johannes Harth in Rom vorstellig geworden und klagt gegen seine Exkommunikation. Mit Erfolg: Der päpstliche Gerichtshof gibt ihm Recht und überträgt ihm die Leitung der Pfarrei. Doch die Urkunde, die daraufhin an die Kirchenpforte von St. Jakobi angeschlagen wird, ist nichts wert. Knechte des Bischofs überfallen Harth, verwunden ihn schwer und nehmen ihn gefangen. Erneut wird er mit dem Kirchenbann belegt.
Erst ein Machtwort des Papstes regelt die verworrene Angelegenheit. Harth darf die Gemeinde übernehmen. Als die Stadt während der Reformation die Lehre Luthers annimmt, bleibt der Pfarrer von St. Jakob beim alten Glauben. Gleichwohl berichtet die Chronik, dass er später Vater eines Sohnes wurde.